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Führung Imhof / Savoldelli Vorder-Bleichenberg

Meine Damen und Herren
Ich freue mich, dass Sie gekommen sind!
Besonders freue ich mich für die beiden Kunstschaffenden
Mary Imhof aus Altdorf
und
Edmondo Savoldelli aus Rodersdorf.

Denn:
Was wäre Kunst ohne den Betrachter.
Mit Mary Imhof und Edmondo Savoldelli treffen wir zwei Kunstschaffende, die mit ihrer so eigenen Bildidee das alltäglich Gesehene neu sichten und malerisch neu gewichten.


 

Mary Imhof
Ihre Arbeiten sind abstrakt - und doch sind sie nicht ungegenständlich - auch wenn sie die Sprache des Informel benutzt.
Denn ihre Kunst ist die der Reduzierung der Dinge auf das Wesentliche - auf das Einfache im Spannungsfeld von Formauflösung und Formwerdung.
Das heisst bei ihr: Dem unscheinbaren Naturgegebenen eine Sprache geben, unspektakulären Momenten und Spuren des Naturgeschehens, denen sie auf Streifzügen und Wanderungen zeichnerisch und fotografisch nachspürt.
Landschaften, aber auch Erlebtes, Existentielles, Dinge, die sie persönlich bewegen, die sie auf-, wahrnimmt, die sie im intensiven künstlerischen Prozess substantiell archiviert und vielschichtig konserviert.
Aber nicht die oberflächliche Wiedergabe interessiert sie.
Sondern die Zeichen der Zeit mit den einhergehenden Wandlungsprozessen des Seins und der Bildwerdung:
Der Blick auf die Natur, auf die Spuren, Bewegungen und Farben, Atmosphären, Durchdachtes - unmittelbar erlebt, auf- und als reiche Inspiration mitgenommen.

Dazu reduziert oder fragmentiert sie das Gesehene aus der Erinnerung, codiert Erlebtes, inszeniert die "objektive" Wirklichkeit zu sinnbildhaften "subjektiven" Kompositionen.
Sie zieht - im Sinne des Wortes Abstraktion - das Offensichtliche vom Elementaren ab.
Löst sich so von der allgemeinen Natur der Dinge und verwandelt ihre persönlichen Sinneswahrnehmungen in ihre "abstrahierte" (individuell lesbare) Bild- und Formensprache.
Und führt so die Zeichen zum Zeichenhaften.
Mary Imhof setzt Zeichen wie Rätsel.

Es ist der Klang der Dinge also - Strukturen, Texturen, Liniengeflechte, die sie in immer neue und innere Beziehungen setzt.

Besonders ist es auch der Klang der Farben, die Mary Imhof in den Bann ziehen, die sie mit den Pigmenten neu durchlebt, durchspielt, in ihren inneren Zusammenhänge versteht, wandelbare Stimmungen und neu Gesehenes schafft.
So schichtet sie, malt, zeichnet, lebt in und mit dem für sie so wesentlichen Bildentstehungsprozess.
Lässt lasierende Schichten und kompakte Farbkörper, transparente und dichte, zeichnerische Momente und skizzierte Gedanken zu Bildgeschehen wachsen.
Verwebt die verschieden Bildelemente - sie kommt von der textilen Kunst -, kratzt Andeutungen hinein, holt aus dem Untergrund freie oder verschlüsselte Bewegungen.
Mary Imhof verarbeitet ihre visuellen Anreize thematisch, lässt diese in den Bilderserien eine malerische und zeichnerische Eigendynamik entwickeln:
15 Jahre lebte sie in den Vogesen.
War hier in einem Atelier fern ab vom Rummel einer Stadt künstlerisch tätig, inmitten einer scheinbar unberührten Natur als unerschöpfliche Inspirationsquelle.
Als Archiv der Erinnerungen schichtet sich, was sie tief berührte: Topografisches und die Farben, Lineares und Flächiges, Licht und Bewegung, entrückte Tiefen und einfache Stille.

Man erahnt in den gebrochenen Farben Felsen, Bemoostes, Spuren der Erosion, Erdschichtungen, spürt innere Welten und landschaftliche Mystik.
Dazu Asche und Kohle aus ihrem damaligen Ofen als Symbol für das Vergängliche und Neue, und Weiss als Zeichen des Reinen.
Ein Aufenthalt auf Elba schlägt sich nieder in weiss gehaltenen Bildtafeln, die an verlassene Mauerfragmente erinnern, von topografische Chiffren und zeichenhafte Spuren belebt und erhalten.

In "Airlines" öffnet sich der Bildraum für hellblaue Transparenz und lichte unendliche Tiefe, von bewegten dunkel nuancierten Gesten belebt - einem Blick aus dem Flugzeug nicht unähnlich ist die Freiheit über den Wolken offen für neue Wege.
Eine Kette aus zinnoberroten Kernen, die sie auf ihrer Reise in Kuba als Gastgeschenk erhielt, war Auslöser für die farb- und kontrastreiche symbolgetragene Serie in braunen und hellen Tönen, kräftigem Rot.
Die wie Girlanden in den Kompositionen schwingenden Ketten lassen den gesellschaftlichen Zusammenhalt wie die politische Situation anklingen.
Die hellen und dunklen Farben verweisen auf die hellhäutigen Menschen und jene mit afrikanischem Ursprung. Das Rot steht auch für südliche Wärme, Leben.
Wasser, das ist Transparenz, Strömung und Spiegelung, Veränderung. Alles fliesst, alles wandelt sich - der Blick in die Tiefe, die Strömung, die Farben Blau, weiss, das Dunkle und das Lichte.

Dazu Bewegungen im Sand, Strömungen, die kommen und gehen, im Flussbett, am Ufer, auf der Wasseroberfläche, von der Natur immer neu gestaltet und gezeichnet. Der Blick geht auf den Grund, auf den Lauf der Dinge.
Myrome, leitet sich ab vom griechisch myroma = weinen, trauern,
das ist die "Trauerarbeit" nach ihrem Wegzug aus Frankreich. Es sind dunkelstimmige Bilder, Licht und Schatten stehen im Konflikt, Vergangenes hängt noch schwer, Zukünftiges drängt als lichte Momente heran.
Mary Imhof holt sich die Inspiration für ihre verinnerlichten Bildwelten aus der äusseren Welt.

Und so haben ihre Arbeiten vielschichtige Bedeutungen.

Mit ihnen möchte die Künstlerin die Wahrnehmung, die Vorstellungskraft des Betrachters anregen, mit ihm in einen Dialog treten.

Und wenn sich dem Betrachter über die eigene Wahrnehmung Fragen stellen, er seine eigenen Bilder entdeckt, dann wird jedes Bild zu einer wundersamen und spannenden Reise in die Welt der Farben und Zeichen, malerischer und zeichnerischer Ursprünge - und eigener Inspiration.

Edmondo Savoldelli
Was ist Projektion, was Malerei?
Wo beginnt das eine, wo greift das andere in diese stimmungsdichten Bildinszenierungen ein?

Diese Fragen stellen sich bei Edmondo Savoldellis Bilderwelten immer wieder angesichts des komplexen Zusammenspiels aus digitaler Bildvorlage, Drucktechnik und malerischer Manipulation.

Denn bei dem Rodersdorfer Künstler trifft malerisches Handwerk auf digitale und grafische Techniken, der Pinselstrich auf bestehende Figur und Gegenstand.
Auch bei Edmondo Savoldelli sind es die kleinen Sensationen der Beobachtung im Alltäglichen, die seine Bildwelten füllen und eben auch erfüllen:
Meist sind es normale "Schnappschüsse" von Reisen nach Frankreich, Italien, in der Schweiz, Momentaufnahmen von architektonischen Besonderheiten, zufällig getroffene Menschen, landschaftliche Stimmungen.
Impressionen also, Bildmomente, die ihn ansprechen, ihm entgegenkommen, spontan als Überraschungsmoment fotografiert - oder gefundene Bilder, Vorlagen, deren Wirkung ihn faszinieren, die eine Bildidee initiieren.
Diese fotografischen Vorlagen trägt er im jeweils bildspezifischen Druck auf einen schon malerisch bearbeiteten Untergrund und steigert anschliessend diese Inhalte nochmals mit malerischen Eingriffen.

Das heisst:

Er erweitert das fotografische Moment über die digitale Verarbeitung und die folgende Umsetzung mit einem Transferdruckverfahren, Laserdruck, Injektprint oder digitalem Airbrush (eine Art Tintenstrahldruck mit entsprechenden Düsen).

Bringt es dann mit einem meist informell gestalteten Untergrund in eine erste Beziehung.

Um dann anschliessend diese Motive mit Pinsel und Farbe zu neuen vielschichtigen Szenen und suggestiven Aussagen zu erweitern. Um einen Bildhergang zu vertiefen oder aus seinem ursprünglichen Kontext heraus neu zu entdecken.

Er greift ein, erhöht, erweitert und vertieft oder verfremdet partielle Motive, bis sich ein dramaturgisch wirkungsvolles Bildgeschehen einstellt.
Und um immer und immer wieder die Malerei mit ihren Überraschungseffekten auszureizen, um eine Bildidee malerisch auszuloten und herauszufordern.

Kein Bild unterliegt dabei einem System.

Jedes Bild erzählt eine eigene Geschichte, jedes Bild hat seine eigene Geschichte, seine eigene Dramaturgie - auch die Dramaturgie der Entstehung.

Jedes Bild entwickelt seinen eigenen Stil aus dem prozessbedingten Zusammenspiel der jeweils künstlerischen Eingriffe. Jedes Bild lebt aus der ihm eigenen Inspiration.

Jedes Bild steht für sich selbst und für Malerei an sich,- für Farbe, Bewegung, Gestik, Komposition und Wirkung.
Ziel seiner prozessintensiven Arbeit ist es, durch die Verbindung der verschiedenen Schritte einer "petite sensation" Ausdruck zu verleihen oder eine solche zu schaffen.
Und Credo ist: Es ist immer Malerei als Abenteuer, als Herausforderung wie als spannendes Moment, wenn es darum geht, diesen geschichteten Geschichten einen malerischen Höhepunkt zu bieten.
Oder auch das Motiv und die Geschichte dahinter neu zu deuten, einem innerem Gefühl nachzugehen, eine Stimmung zu nuancieren.
Es sind kleine Archäologien des Sehens und Wahrnehmens, kleine eigenwillig inszenierte Bildhistorien.

Nicht umsonst konnte Edmondo Savoldelli als Mitarbeiter der Kantonsarchäologie Solothurn bei Grabungen in Rodersdorf Erfahrungen sammeln.

Finden doch so das vorsichtige Sichten und Entdecken in seinen Werken ihren Widerhall.

Da hinterfragt Edmondo Savoldelli Manets "Déjeuner", holt die klassische Moderne ins Heute, wenn er Art Basel-Besucher der Manetschen Figur zur Seite stellt und diesen in Manetscher Manier nochmals ermalt.

Dazu erweitert er die Szene mit kontrastären bildnerischen Elementen und taucht die klassische Inszenierung in eine neue vielsagende Stimmung.

Impressionismus meets Edmondo Savoldelli und wird prompt neu interpretiert.
Oder "Helden", das war einmal das Tell-Denkmal in Altdorf, jetzt aber in der Materialcollage und den Farbchoreografien steigert sich der Mythos ins Erhabene, hat somit in der Kapelle seinen kongenialen Platz.
Schillers Historie strahlt nun in neuem Charakter und lässt indirekt auf jenen Johann Jacob Scheuchzer denken, der um 1730 in einem Traktat die Schweiz mit Kanaan verglich und Moses zu Tell verklärte.

Die Aphrodite im Verbund mit dem grünem Pan und dem turtelnden Eros reagiert mit ihrer körperlichen blauen Präsenz auf die heftige malerische Formel, hinter der sich Adonis verbirgt.

Der Körper wird Geste, die malerische Geste verweist auf den Körper. Farbe und Pinsel treffen auf Figur und Mythos, erzählen diese einmal anders, dramatischer.
Das Reh, von violetter Farbe umhüllt, das verwundert in die in weisse Schleier getauchte Flusslandschaft geraten ist; ein seltsam theatralisches Naturschauspiel eröffnet sich.
Ahnungsvolles verbirgt sich in den weissen Schichtungen, Malerisches erhöht den melancholischen Reiz.

Niemand ahnt die Montage zweier Fotos zweier verschiedener Fotografen. Es ist die malerische Manipulation, die ablenkt und die Wahrnehmung steuert.

In Edmondo Savoldellis Bildern überlagern sich vertraute Figuren und malerische Gesten zur neuen Bedeutung, Bestehendes wird effektvoll neu inszeniert, klassisch Effektvolles wird fremd interpretiert.

Projektionen verschiedener Stätten werden düster-poetisch verfeinert. Z.B der Gotthard mit der hinein montierten Klosteranlage und dem gelb dräuenden Himmel.

Mal choreografieren Grauabstufungen das Gesehene zu stimmungsvollen Kulissen im Wechselspiel von Nähe und Tiefe, Licht und Schatten, Hell und Dunkel.

Dann wieder vertraut Edmondo Savoldelli auf die Kraft der Farben, setzt sie erzählerisch ein, steigert die Gesten der Vorlage, sorgt für Kontraste oder Kontrapunkte, zeigt Gesehenes einmal anders. Gibt den Blick auf neue Dimensionen frei.
Sein künstlerisches Wirken beweist sich als eine Fundgrube sich vernetzender Bildideen, die sich für jeden Betrachter individuell entdecken und nacherleben lassen.

 

Eva Buhrfeind, anlässlich der Vernissage im Schlösschen Vorder-Bleichenberg, 4. September 2010