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Gruppenausstellung Vielgestalt Schlösschen Vorder-Bleichenberg
 
  Gruppenausstellung "Vielgestalt", Malerei und Skulpturen von Jörg Binz, Heini Bürkli, Margarita Flad, Oskar Fluri, Hanspeter Schumacher und Jill Wäber. Vernissagerede Eva Buhrfeind. Es musizieren Roland Philipp (sax) und Roland Köppel (piano/organ) 27. Februar - 21. März 2010.
 


 

 
 



Auch ich möchte Sie ganz herzlich begrüssen zu dieser reichhaltigen und mannigfaltigen, vielseitigen und abwechslungsreichen Ausstellung, zur Ausstellung "Vielgestalt".

6 Kunstschaffende aus verschiedenen Regionen des Kantons Solothurn haben sich hier zusammengefunden, zeigen ihre neuen Arbeiten, Malereien, einige Objekte Zeichnungen.

6 Künstler, d.h. zwei Künstlerinnen und 4 Künstler und ein Kanton, das ist nicht nur ein Motto, sondern auch der berühmte rote Faden:
Die Vielgestalt der Kunst als mannigfaltiges Zeichen einer lebendigen Kultur, Ausdruck individueller Bilderfahrungen und persönlicher Bildfindungen.

Oder anders - so vielgestaltig der Kanton Solothurn sich in seinen äusseren Grenzen ausformt, so vielgestaltig beweist sich das künstlerische Können und Wirken der einheimischen Künstlerinnen und Künstler, so gegensätzlich man die verschiedenen Region erleben kann, so kontrastreich und spannend kann man hier die vielgestaltigen künstlerischen Individualitäten erleben.

Fangen wir gleich hier in diesem Raum bei und mit Margarita Flad an.

Vertraut sind ihre Figuren, diese wie ein Markenzeichen dem Betrachter entgegentretenden "Begegnungen", die wie das Leben den steten Metamorphosen des (malerischen) Seins unterworfen sind. Bis ins Kristalline und dann bis in die "Eiszeiten" hat die Balsthaler Malerin sie getrieben. Mit ihren typischen kräftigen Farben rot, gelb oder blau, die - wie die Inhalte selber - Ausdruck sind für tagtäglich er- und durchlebte Gefühle, Stimmungen, Empfindungen, Erfahrungen.
Vor nicht allzu langer Zeit dann stiess man bei ihr auf Landschaften, Impressionen, jene prägnanten Eindrücke, die bleiben, und die immer die Seele der Margarita Flad in sich tragen.

Und jetzt hier, eine lustvolle Farbkraft, explosiv und doch wohl geordnet formieren sich landschaftliche Strukturen, Gesteinstopografien, lavaartige Farbfeldkomplexe.
Hinter Plexiglas sich fügende Farben, Formen, Schichtungen, Linien und komponierte Bewegungen, Feuer und Glut auf einer Stofffahne, lebhafte Wirbel in gelb, blau und grün auf einer anderen. Es ist die Entdeckung des Maluntergrundes, jener Inhalte, die sich beim Bemalen der Stoffbahnen auf dem Papier durchdrückten und die Margarita Flad - entsprechende ihrem Malwesen - dann im richtigen inneren Moment aufgriff und ihre vorgefundenen eigenwilligen Malspuren mit Wachskreide und dem Pinsel erweitert und vertieft: Vexierbildgleich kann man hier auf Entdeckungsreise gehen, sich von den Farben, den Formationen, vom künstlerischen Temperament der mosaikartigen Konstellationen mitreissen lassen und steinernes, Landschaften, Organisches, Menschen ebenso entdecken wie sich einfach an der unerschöpflichen Energie dieser Farbpracht, erfreuen.

Stelen zeigen nochmals ihre Figuren als Objekt im Raum.

Jill Wäber
Sie ist die Schwarzbübin hier: Ihr Raum ist ein Ort der Kontemplation, ihre Arbeiten sind in sich ruhend in Farbe und Form, reduziert und schnörkellos. Sie verweisen auf das Geheimnisvolle des zu Entdeckenden, fremder und fremdartiger Zeichen, auf das Spannende fremder Sprachen.
Jill Wäber war nämlich letztes Jahr für 5 Monate in China, hat hier in Schulen Englisch unterrichtet, und versucht Chinesisch zu kommunizieren.
Ein fremdes Land, fremde Wortwelten, eine oft missverständliche Verständigung und dazu die Schriftzeichen, die sie als künstlerische Herausforderung im bildnerischen Werk reflektiert: "Silben" nennt sie Jil Wäber und ordnet die kleinen zarten Chiffren neu zu einem zeichenhafter Puzzle aufgetrennter Wörter und Silben.
In diskreten weissgrau (Tusche und, Ölkreise und weisses Ölpastell) gehalten "erliest" man nun die fremde Sprache als zeichenreiches Geheimnis - Bild für Bild neu und neu gefügt.

Das, was wie fernöstliche Stempel wirkt, sind eigentlich Gullideckel, die Jill Wäber - sozusagen en plein air - auf Chinapapier abpaust, und dann diese Pausen im Atelier erneut abpaust und dabei das gusseisernen Spuren derart verfremdet, dass kalligrafische und Prägespuren sich zu einem neuen Bild fügen. Das Ursprüngliche ist jetzt unter der Oberfläche verborgen, hat sich zu einer neuen Wirklichkeit verwandelt, sich einen Stempel geschaffen.
Im Gang entführen die kleinen Bildtafeln in die Natur, Gartenbilder sind es, die den Rhythmus des Wachsens skizzieren, mit wenigen Strichen holt sie dazu mit einem Hölzlein durch die obere weisse Schicht aus der darunterliegenden Schicht die kalligrafischen Muster hervor
- so wie in der Natur immer wieder alles aus der Erde ins Licht drängt, wachsen die zarten dunklen Linien ans Licht der Bildoberfläche.

Oskar Fluri aus Bolken im Raum vis-à-vis und in der Kapelle vertritt Wasseramt, genauer das äussere Wasseramt.

Seine Malerei wird geleitet von sinnlichen Erfahrungen, aus der Natur wie aus der Malerei, ihn fasziniert das Spiel mit Farbe und Form.
Einen Teil seiner Bilder nennt er "Festplatten", die Eindrücke, die irgendwo in seiner Seele abgelegt wurden, speichern und die er beim Malen hervorgeholt. Es sind immer wiederkehrende Muster und Bildstrukturen, deren Gestaltungsprozesse er mit eingeprägten Landschafts-erfahrungen und Klangassoziationen verbindet. Denn die Verbindung Musik, Theater, Oper ist für Oskar Fluri wichtig, ist Teil seines künstlerischen Schaffens. Oder zum Beispiel die Felderlandschaft zwischen Bolken und Subingen, die er tagtäglich erlebt und die ihm immer neu und in anderen Lichtverhältnissen erscheinen - die er mit Klangvorstellungen verbindet und man beim assoziativen Wortspiel Klangfarben- Farbklänge ist.
Auch seine Bilder haben mit persönlichen Befindlichkeiten zu tun und vielleicht auch mit Grundstimmungen unseres zeitlichen Umfeldes, in denen er sich selber spiegelt, sich sucht und findet. Das zeigt sich in den Titeln, zum Beispiel: "Feldstudie Nachklang 1". (Mischtechnik).
Die Malerei als Feldstudie unseres Umfeldes und seines Bewusstseins.

Im Kapellenraum nimmt er lockeren Bezug auf den Ort mit dem angedeuteten barocken, stilisierten Sternenhimmel. Die durch florale Motive angeregten Bilder setzen sich mit dem Werden, dem Sein und dem Vergehen mehr oder
weniger direkt auseinander.
Hinein spielt Iris, die Götterbotin und Mittlerin zwischen Himmel und Erde und Unterwelt, verbunden mit Wasser
und Eros. Die Blume Iris wird in seinen Bildern zu einem traumhaften Zeichen, zu einer Metapher vielleicht für das Sinnliche, für das wir alle empfänglich sind.


Jörg Binz, Olten
Wenn man jetzt durch diese Tür in den gegenüber liegenden Raum schaut, so hat man das Gefühl, dass sich in der Mitte der Wand ein weiterer Raum öffnet und man durch weitere Türrahmen auf eine Treppe blickt, von der eine Frau im roten Dessous die Treppe heruntersteigt. Die Frau scheint kurz auf einer Stufe innezuhalten, der Scheitel ist noch vom Türrahmen verdeckt. Für einen Moment kurz inne gehalten, scheint sie sich gleich wieder zu bewegen. Hinter der Treppe ist der Raum dunkel, vage wie in einem düsteren Film.
Jörg Binz bezeichnet sich selbst als einen grossen Kinofan. Und als Buchillustrator (Alex Capus "Der König von Olten") ist er vertraut Geschichten zu illustrieren, eine Geschichte bildhaft zu machen.
Er hat schon lange zu seinem gegenständlichen Stil gefunden, und erforscht in diesen atmosphärisch eigenwilligen Szenen die Frage von Figur und Raum wie eben auch die Figur als Raum, wenn eine Figur das Räumliche bestimmte wie zum Beispiel das Paar an der Bar.
Die Figuren sind vielleicht nicht gerade Alltagsfiguren, aber doch irgendwie vertraut, die Szenen ebenso. Ein älterer untersetzter Herr im Stuhl, eine gepflegte Dame auf dem Sofa, eine verträumte Tänzerin, laszive Fräuleins an der Bar.
Momentaufnahmen, lebensgross und kantig-realistisch gemalt, unmittelbar begegnen sie dem Betrachtenden entweder frontal oder so direkt das Bild füllend, nicht naturalistisch, aber von einer eigenartigen filmischen Realität.
Bleiben Sie einmal einen Augenblick vor den Bildern stehen, halten Sie inne, nehmen Sie Kontakt auf mit den Figuren, tauchen Sie ein in diese atmosphärisch dichten Szenen: Hier scheinen Filme für einen Moment still zu stehen, ihre Darsteller für einen Augenblick gebannt zu Filmstills.
Geheimnis dieser spannungsvollen Irritation ist das Wechselspiel aus expressiven Farben und einer weichen, kompakt-flächigen Malweise, das diesen kurzen Augenblicken eine untergründige Lebendigkeit verleihen.

Heini Bürkli, Rüttenen
Den Gang hinauf oben und im hinteren Raum dann, begegnet man Heini Bürkli. Der Rüttener Künstler ist stets unbeirrt seinen Weg gegangen, er versteht die Kunst als Auseinandersetzung mit formalen Möglichkeiten und Problemstellungen, um hinter die Dinge zu schauen.
"Hinter die Dinge schauen, eine Sache genau anschauen" ist dabei die eine Seite seines Schaffens. Da sind einmal die "Mandel-Bilder", für die ein Fête des Amandes in Südfrankreich, zum Thema Mandeln zu Kunst zu machen, der Auslöser. Er hat Mandel mit Lupe intensiv angeschaut und dann diese plastischen Gebilde malerisch umgesetzt. Diese Faszination die Sachen genauer anzuschauen und das Entdeckte, die Spuren, formal und farbig zu erweitern, schlägt sich in der malerischen Interpretation einer Handfläche, deren topografische Muster er fokussiert oder in der eigenwilligen Ausgestaltung von Krähenfüssen - ein Prozess des konzentrierten Aufnehmens des Gesehenen, bei dem das Motiv den malerischen Weg vorgibt.
Die andere Seite seines Schaffens ist, während des künstlerischen Prozesses die Bilder entstehen zu lassen, innere Bilder "auszuatmen*. Freie Bilder, in denen die reine Malerei lebt und Landschaftliches suggeriert, Figürliches, Organisches, Flächiges und Erhabenes, Zeichen und Formen, die sich ihren Künstler suchen, die aber ihre Farben schon lange gefunden haben. Zwei Wege der Bildfindung aber eine charakteristische Handschrift, unverkennbar Heini Bürkli.

Neben dem Malen ist das Bemalen genauso wichtig, Fundstücke wie Äste oder Konstruiertes werden mit Papiermaché bespannt und dann wie ein dreidimensionales Bild bemalt: Flügel, figürliche Objekte, die letztendlich nichts anderes sind als die Auseinandersetzung mit der Bildfläche, die Herausforderung durch das mögliche Bild.

Hanspeter Schumacher, Grenchen
Oben, eingebettet in die Bildwelten von Heini Bürkli, kann man in den ganz eigenwilligen Kosmos von Hanspeter Schumacher aus Grenchen eintauchen.
Diese Bilder sind aus Blech geschaffen, es sind mehr Bildobjekte als reine Malerei. Mit dem Schneidbrenner hat er die Motive und Formen gesägt, Durchbrüche, Gitter und armartige Fortsätze angelegt. Die Inhalte scheinen abstrakt und sind es doch nicht, denn sie zeigen etwas "Dingliches". Und dieses Dingliche wirkt dabei vertraut und erscheint doch fremdartig wie skurrile Urwesen.

Die Farben sind harmonisch, die Motive klar und einfach: und doch so einfach sind diese Inhalte nicht oder vielleicht doch. Denn sie vereinen wie früher schon seine keramischen Gestalten Skurriles, Surreales, Phantasie und Philosophisches. Im Mittelpunkt, wenn auch nicht im zentrisch dieser Gitterbilder-Geschehen steht eine seltsame Art Urkeimling oder Urzelle, die zu immer neuem Leben aufbricht, neues Leben gebärt. Da brechen Gitter auf, öffnen sich Wege, etwas wächst, anderes schliesst sich, bewegt sich fort. Neues Leben scheint aus altem zu entstehen, streckt Fühler, schlägt Wurzeln, anderes scheint pelzig zu Eisnadeln erstarrt: wandelbare Daseinszustände des Lebens, des Kosmos sind es, mal dynamisch, mal im Ruhezustand, in den Assoziationen unendlich.

Aber auch die Objekte, ob nun überlebensgross oder im handlichen Format spielen mit diesen skurrilen Urlebensformen, sie sind wie aus einem fiktionalen Film entsprungen. Sie sind nicht einmal futuristisch, sondern wie der Blick zurück in das Unvertraute allen Ursprungs.

Jetzt wünsche ich Ihnen viel Freude und Bereicherung bei der Entdeckung dieser Bildwelten, in den Gesprächen und Begegnungen.

Denn Kunst geht alle an.

Bis 21. März 2010. Geöffnet: Mi + Do 16-19 Uhr. Sa +So 14- 18 Uhr

Eva Buhrfeind, 27. Februar 2010