Nun sind sie doch wieder kräftiger in der Tonalität geworden, auch wenn die kleinen Situationen, die Kompositionen und Figurationen noch in sich gekehrt sind. Die Gegenständlichkeit hat eben immer die Malerei von Verena Baumann bestimmt. Bekannt geworden ist die 44--jährige ausgebildete Grafikerin mit ihren farbkräftigen Bildtafeln, auf denen sie realistisch mit hintergründiger Süffisanz alltägliche Frauenthemen zum klassischen Rollenverhältnis allegorisierte. Doch ihre einstige, eher plakative Gegenständlichkeit hat sich zunehmend zu stillen Bildmomenten des persönlichen Empfindens und Erlebens verwandelt, die dem Malen eine befreite, differenzierte Form geben. Hinzu kam 2002 der Aufenthalt im Pariser Atelier des Kantons Solothurn, und damit Licht und das Lichte als weitere Erfahrung. Nach der pastell-lichten Phase sind es einfache Bildideen geblieben, mit denen die in Biberist und Paris lebende Verena Baumann Traumartiges, Visionen, Erlebtes, Erinnertes, Reales und Fiktives zu vielschichtigen Impressionen verwebt. Aber die treibende, die zentrale Kraft ist die Freude, mit den Farbwelten etwas zu formen, die Faszination, mit den Farben und Formen ihre ganz eigenen Stimmungserfahrungen zu erreichen, auch als Ausdruck jener Emotionen, die hinter diesen mannigfaltigen Szenen wirken. Ob im malerischen Prozess intensiv durchlebt oder von einer gewissen Leichtigkeit, diese Acrylbilder leben diese von und durch die Spannungen aus hellen und dunklen, transparenten und kompakten Tonalitäten, von figurativen Bildmomenten und im Raum befreiten Formen, die den Betrachter in fremdartig-vertraute Welten entführen, aber auch von den Erlebnissen und Eindrücken der Künstlerin erzählen: Augenblicke in Paris, märchenhafte Szenen, düstere Atmosphären und metaphysische Vernetzungen, Farberlebnisse, die zu anekdotischen Formen werden, Formen, die aus ihren Farbwerten vieldeutige Impressionen schöpfen.
Jedes Bild hat dabei seine kleine Geschichte, hat seine vielschichtigen formalen Perspektiven und inhaltlichen Ebenen, ein
tieferes Empfinden, dem Verena Baumann mit den Farben einen inneren und äusseren Wert verleiht, manches scheint vexierbildartig oder sinnbildhaft verschlüsselt. Aber stets regen sie den Betrachter zu eigenen Geschichten und Emotionen an. So auch in den Monotypien, deren einfache Bildentstehung aus arrangierten, fotografierten und auf den Bildhintergrund projizierten Inszenierungen, die dann flächig ausgemalt, später im trockenen Zustand übermalt und mit strukturiertem
Haushaltspapier wie ein Druck behandelt werden: wundersame Märchenwelten tun sich hier auf mit orientalischen Fabelwesen und ornamentalen Mustern, von einer textilen Ästhetik und impressionistischen Farbwärme, die eine lustvolle malerische Unbekümmertheit ausstrahlt.
Auch wenn Verena Baumann und Anna Weber Künstlerfreundinnen, ja eine Art Seelenverwandte sind, sich in dieser Ausstellung ihre Arbeiten rücksichtsvoll kreuzen, so stehen Ausdruck und Intention eigenständig für sich. Anna Weber - sie hat schon einmal 1988 gemeinsam mit ihrem Vater Adolf Weber im Schlösschen ausgestellt - ist ebenfalls 1964 geboren und lebt und arbeitet in Zürich und in Naters. Ihr künstlerisches Gebiet umfasst die Malerei, der später Videoarbeiten und Fotografien folgen und sich jetzt wieder die Malerei anschliesst.
In dieser Ausstellung nun präsentiert sie verschiedene Arbeiten aus den verschiedenen Schaffensphasen, die letztendlich alle mit der Wirkung des klassischen Bildes operieren. Die älteren Videoarbeiten werden im gemächlichen Ablauf zu intensiven Momentaufnahmen, das fotografierte Textile wird zur zeichnerischen oder skulpturalen Idee.
Auf einer Reise durch Afghanistan entstehen Fotografien, die eine sinnliche malerische Position zwischen Landschaft und Stillleben beziehen. Wie überhaupt die Fotografie bei Anna Weber kompositorische und motivische Eindrücke vereint, dicht gewachsene Bäume fokussieren im radikalen Ausschnitt das Endliche der Natur. Bäume, das reflektierende Licht, das Geäst lassen sich wie zeichnerische Impressionen, wie Bildmuster der Natur lesen. Während die Aufnahmen von einem Besuch im klassischen Skulpturensaal im Musée d’Orsay mit der figürlichen Konfrontation zwischen Besuchern und antiken Skulpturen spielen. Süffisant in der fotografischen Ruhe, hintersinnig und anspielend im geräuschvollen Video.
Im neuen malerischen Werk ist Anna Weber noch auf der Suche nach einem Weg, daher zeigt sie hier einen Stand der Dinge zwischen anekdotischer Figuration, ahnungsvollen Stimmungen und reduzierter Abstraktion.
Bis 30. November. Geöffnet: Mi + Do 16-19 Uhr. Sa +So 14- 18 Uhr
Eva Buhrfeind, Oktober 2008
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